
Er hat den Überblick
Geier sind nützlich, denn sie sind nicht wählerisch, was die Nahrung angeht. Zugleich sind sie aber etwas unheimlich, denn ein Geier kommt selten allein.
Ihre Sehkraft ist phänomenal, sie können achtmal schärfer sehen als der Mensch. Ein Tier von der Größe einer Maus, das wir mit viel Fantasie in 100 Meter Entfernung erkennen, nehmen sie selbst aus 3 Kilometer Höhe noch wahr. Hätte das menschliche Auge dasselbe Auflösungsvermögen, könnten wir diesen Text aus einem Abstand von 150 Metern lesen. Geier sehen schärfer und bunter als der Mensch und verarbeiten bis zu 180 Bilder pro Sekunde (wir dagegen nur 10 bis 70). Damit können sie Bewegungen schneller erkennen und dadurch auch schneller reagieren.
Typisch für Geier ist, dass sie in großen Scharen auftreten, sobald irgendwo ein Kadaver entdeckt wird. Grund ist ihre geniale Suchstrategie: Die einzelnen Vögel fliegen in großer Höhe und überblicken ein riesiges Terrain, behalten gleichzeitig aber auch ihre Artgenossen im Auge, die einige Kilometer entfernt kreisen. Sobald einer von ihnen aus dem „Beobachtungsmodus“ in den „Sinkmodus“ wechselt, schließen sich seine Nachbarn ringsum an, was wiederum weitere Nachbarn anlockt. Auf diese Weise versammelt sich die ganze Geierschar eines großen Einzugsgebiets in kürzester Zeit zum Mahl.
Die Bibel beschreibt den Geier so: „Oder erhebt sich auf deinen (Hiobs) Befehl der Adler (oder: Geier) und baut in der Höhe sein Nest? In den Felsen wohnt und verweilt er, auf Felszacken und den Spitzen der Berge. Von dort aus erspäht er Nahrung, in die Ferne blicken seine Augen. Und seine Jungen schlürfen Blut, und wo Erschlagene sind, da ist er“ (Hiob 39,27–30). Ein faszinierendes Tier!