Fr Freitag
31.
Okt Oktober
Jetzt aber ist, ohne Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten: Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die glauben.
Römer 3,21.22

Geschichte eines Leaks

Es wird als Startpunkt der deutschen Reformation angesehen: Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Martin Luther 95 Thesen gegen den Ablasshandel. Ablass bedeutet: Vergebung der Sünden gegen eine Geldzahlung. Damals zogen Ablasshändler durchs Land, die mit diesen Ablässen gut verdienten, und Menschen erkauften sich, wie sie meinten, Gerechtigkeit und ein gutes Gewissen vor Gott. Eine Win-win-Situation, oder?

Martin Luther selbst hatte lange Jahre darum gekämpft, Frieden mit Gott zu finden. Er fastete, betete, beichtete immer wieder und lag in seiner Klosterzelle auf dem kalten Boden. Doch sein Gewissen und seine tiefe Furcht vor Gottes Gerechtigkeit ließen ihm keine Ruhe.

Endlich, bei der Vorbereitung einer Vorlesung über den Römerbrief - Luther war Dozent an der gerade gegründeten Universität in Wittenberg -, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Gott hatte ja schon alles getan! Alle Menschen haben gesündigt und genügen nicht Gottes Rechtsansprüchen. Aber die Gerechtigkeit Gottes wird allen zugerechnet - ohne Verdienst, ohne Werke -, wenn sie an den Sohn Gottes glauben, der stellvertretend für die Schuld sündiger Menschen starb.

Mit dieser neu gewonnenen Erkenntnis kämpfte Luther mit seinen 95 Thesen gegen den Ablasshandel, der den Christen nicht half, sondern sie in gefährlich falscher Sicherheit wiegte und sie davon abhielt, das wahre Heil Gottes zu erkennen und zu erlangen. Die Thesen waren in Latein verfasst und daher eigentlich als Diskussionsgrundlage für Theologen gedacht. Doch sie wurden „geleakt“, übersetzt und verbreiteten sich rasend schnell in der Öffentlichkeit. Ob Luther die Thesen tatsächlich auch an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug, ist allerdings umstritten.