
Die Gnade und der verlorene Sohn
Im Gleichnis vom verlorenen Sohn erklärt Jesus anschaulich, was Gnade ist. Ein Sohn nimmt das Erbe, das er von seinem Vater gefordert hat, und verlässt sein Elternhaus. Er lebt ein unbeschwertes und unmoralisches Leben und verschwendet das gesamte Geld. Als er schließlich völlig verarmt als Schweinehüter endet, der das Schweinefutter am liebsten selbst essen würde, erinnert er sich an das Leben bei seinem Vater. Er beschließt, als Tagelöhner nach Hause zurückzukehren. Doch sein Vater nimmt ihn wieder als Sohn auf, ohne ihn für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen.
Im jüdischen Brauchtum gab es eine Zeremonie, die „Kezazah“ genannt wurde. Wenn ein junger jüdischer Mann seine Gemeinschaft verließ, unter Ungläubigen lebte und anschließend zurückkehrte, musste er zu den Stadttoren gehen. Die Ältesten warfen dann einen Tontopf vor ihm zu Boden. Der zerbrach und symbolisierte damit die zerbrochene Beziehung, die zwischen der Gemeinschaft und ihm bestand. Damit war er endgültig von seiner Familie und seiner Gemeinschaft getrennt und wurde mit Schimpf und Schande aus dem Dorf gejagt.
In unserem Gleichnis bricht der Vater mit diesem Brauch. Als er seinen Sohn in der Ferne erblickt, läuft er ihm entgegen und vergibt ihm, bevor die Kezazah-Zeremonie stattfinden kann.
Auch Gott kommt uns entgegen, wenn wir Reue zeigen, und vergibt uns. Seine Gnade ist mächtiger als eine Kezazah und heilt den Bruch zwischen uns und Gott. Und doch hat Gottes Gnade ihren Preis: Jesus Christus musste den Tod schmecken (Hebräer 2,9).