Di Dienstag
14.
Okt Oktober
Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und will zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen ... Als er aber noch fern war, sah ihn sein Vater und wurde innerlich bewegt und lief hin und fiel ihm um den Hals und küsste ihn sehr.
Lukas 15,18–20

Die Gnade und der verlorene Sohn

Im Gleichnis vom verlorenen Sohn erklärt Jesus anschaulich, was Gnade ist. Ein Sohn nimmt das Erbe, das er von seinem Vater gefordert hat, und verlässt sein Elternhaus. Er lebt ein unbeschwertes und unmoralisches Leben und verschwendet das gesamte Geld. Als er schließlich völlig verarmt als Schweinehüter endet, der das Schweinefutter am liebsten selbst essen würde, erinnert er sich an das Leben bei seinem Vater. Er beschließt, als Tagelöhner nach Hause zurückzukehren. Doch sein Vater nimmt ihn wieder als Sohn auf, ohne ihn für seine Taten zur Rechenschaft zu ziehen.

Im jüdischen Brauchtum gab es eine Zeremonie, die „Kezazah“ genannt wurde. Wenn ein junger jüdischer Mann seine Gemein­schaft verließ, unter Ungläubigen lebte und anschließend zurück­­kehrte, musste er zu den Stadttoren gehen. Die Ältesten warfen dann einen Tontopf vor ihm zu Boden. Der zerbrach und sym­bo­lisierte damit die zerbrochene Beziehung, die zwischen der Gemeinschaft und ihm bestand. Damit war er endgültig von seiner Familie und seiner Gemeinschaft getrennt und wurde mit Schimpf und Schande aus dem Dorf gejagt.

In unserem Gleichnis bricht der Vater mit diesem Brauch. Als er seinen Sohn in der Ferne erblickt, läuft er ihm entgegen und vergibt ihm, bevor die Kezazah-Zeremonie stattfinden kann.

Auch Gott kommt uns entgegen, wenn wir Reue zeigen, und vergibt uns. Seine Gnade ist mächtiger als eine Kezazah und heilt den Bruch zwischen uns und Gott. Und doch hat Gottes Gnade ihren Preis: Jesus Christus musste den Tod schmecken (Hebräer 2,9).