
Marion von Klot (1)
Weiß ich den Weg auch nicht,
Du weißt ihn wohl;
das macht die Seele still und friedevoll.
Ist’s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,
dass ängstlich schlägt mein Herz,
sei’s spät, sei’s früh.
Mit diesen Worten voller Vertrauen auf Gottes Führung beginnt ein Gedicht von Hedwig von Redern (1866-1935) aus dem Jahr 1901. Es ist ganz besonders mit Riga, der Hauptstadt Lettlands, und einer jungen Frau verbunden: Marion von Klot.
Die Wirren des Ersten Weltkriegs trafen das Baltikum und die Stadt Riga besonders schwer. In dieser Zeit wurde der Pastor Erhard Doebler (1882-1919) von der Jakobi-Gemeinde in Riga von diesem Gedicht sehr berührt. Auf seinen Wunsch hin wurde der Text am Neujahrstag 1916 mit einer alten englischen Melodie vorgesungen.
Wenig später, im Februar 1916, erhielt Doebler den Ausweisungsbefehl der russischen Besatzungsmacht. Zu seinem Abschied sang der Chor erneut das Lied „Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl“.
Unter den jungen Sängerinnen im Chor war Marion von Klot (1897-1919). Ihr prägte sich das Lied besonders tief ein. In dieser schlimmen Zeit leistete sie vielen trauernden, kranken und notleidenden Menschen Hilfe. Dabei trug sie mit ihrer weichen, klaren Stimme oft dieses Lied vor und konnte viele dadurch ermuntern.
Anfang Januar 1919 drangen die russischen Bolschewiken in Riga ein und übernahmen die Macht. Adelige, leitende Beamte und Prediger galten als Hauptfeinde des Kommunismus. Sie wurden in großer Zahl inhaftiert, und viele wurden ermordet. Auch Pastor Doebler, der inzwischen nach Riga zurückgekehrt war, und Marions Mutter wurden eingekerkert. (Schluss morgen)